Das Neonlicht über dem Eingang der Bar La Rambla flackerte unruhig und warf unstete Schatten in die enge Gasse. Drinnen lag ein dumpfes Gemurmel in der Luft, gemischt mit dem Klirren von Gläsern und dem leisen Zischen frisch gezapfter Getränke. Ein Hauch von verschüttetem Bier, Zitrus und süßlichem Whiskey zog durch den Raum.
Luis Díaz saß zusammengesunken in einer Ecke, die Schultern wie ein Fragezeichen gekrümmt, das halb leere Glas in der Hand. Sein Hemd, einst makellos weiß, war nun leicht aus der Hose gerutscht, ein paar Flecken von Limette und Cola zeichneten sich darauf ab. Mit leerem Blick starrte er in den bernsteinfarbenen Inhalt seines Glases, als könnten die Wirbel darin Antworten liefern.
„Luis?“ Eine leise Stimme erklang vom Eingang her. Eine Gestalt im Jeans und lockerer Jacke betrat die Bar, suchend, bis ihr Blick auf ihn fiel. Es war Carla, eine alte Freundin und Vertraute. Mit vorsichtigen Schritten näherte sie sich, Sorge lag in ihren Augen.
„Carla“, murmelte Luis heiser, die Worte leicht verwaschen. „Ich… ich musste das einfach.“
Carla setzte sich ihm gegenüber, ihre Augen suchten sein Gesicht. „Du siehst fertig aus,“ sagte sie leise. „Was ist passiert?“
Ein kurzes, leeres Lachen entwich ihm. „Weißt du doch. Der Druck. Die Spiele. Alle wollen etwas. Tore, Siege… und wenn sie nicht kommen, dann…“ Er schwenkte das Glas, sah zu, wie das Eis im Licht funkelte. „Ich musste den Lärm mal abschalten.“
Carla legte sanft ihre Hand auf seine. „Der Lärm wird nicht verschwinden, wenn du ihn ertränkst,“ sagte sie ruhig.
Luis nickte kaum merklich, seine Augen voller Müdigkeit und Reue. „Ich weiß. Aber manchmal… manchmal verfolgt dich der Jubel, lange nachdem das Stadion leer ist.“
Schweigen. Dick und schwer wie der Rauch, der sich unter der Decke sammelte. Hinter der Theke wischte die Barkeeperin – eine Frau mit silbergrauen Strähnen – Gläser ab, warf einen kurzen Blick hinüber, ließ den beiden aber ihren Raum.
„Gut,“ sagte Carla schließlich leise. „Dann machen wir Folgendes: Morgen rufst du deinen Trainer an. Ihr redet. Nicht über Statistiken oder Schlagzeilen. Über dich.“ Sie drückte seine Hand fester. „Wir finden einen Weg.“
Luis blinzelte, ein Hauch von Feuchtigkeit sammelte sich in seinen Augenwinkeln. „Du bleibst?“
„Immer,“ antwortete sie schlicht.
Diesmal war das Schweigen anders – nicht mehr schwer, sondern beruhigend. Luis stellte das Glas ab, griff nach einer Serviette und wischte sich die Stirn. Draußen flammten die Straßenlaternen auf, die Nacht schob sich Richtung Morgen.
„Hier drinnen,“ begann er zögerlich, „kein Stadion, kein Lärm. Nur… ich.“
Carla lächelte sanft. „Hier drinnen bist du nur Luis,“ sagte sie.
Als sie kurz vor Mitternacht gemeinsam die Bar verließen, flackerte das Neonlicht ein letztes Mal. Arm in Arm traten sie hinaus in die kühle Nachtluft. Und Luis Díaz, betrunken, aber mit einem Hauch von Erleichterung im Herzen, verschwand im Halbdunkel der Stadt – ein wenig leichter als zuvor.