Spektakel ohne Sieger – Niko Kovač unzufrieden trotz 4:4 in Turin
Das erste Champions-League-Spiel der neuen Saison zwischen Borussia Dortmund und Juventus Turin war ein Fest für neutrale Fußballfans, aber ein Spiel voller Fragezeichen für den Dortmunder Trainer Niko Kovač. Am Ende stand ein furioses 4:4-Unentschieden, das an Dramatik kaum zu überbieten war: Tore im Minutentakt, spektakuläre Offensivaktionen und ein offener Schlagabtausch zweier europäischer Schwergewichte. Doch während viele Beobachter von einem Fußball-Krimi sprachen, sah Kovač ein ganz anderes Bild – und zwar das einer Mannschaft, die sich trotz guter Phasen noch nicht zur „Siegermentalität“ durchringen konnte.
Die Analyse der Spielerleistungen
Ein Blick auf die individuellen Auftritte macht deutlich, warum der Trainer nicht rundum zufrieden war. Dortmunds Offensive um Karim Adeyemi und Youssoufa Moukoko zeigte zwar eindrucksvolle Szenen, ließ aber gleichzeitig zahlreiche Chancen liegen. Jude Bellingham dirigierte das Mittelfeld mit starker Präsenz, doch in der Defensive offenbarte sich erneut eine alte Schwäche: mangelnde Konsequenz im Zweikampf und fehlende Abstimmung zwischen Innen- und Außenverteidigern. Besonders in der Schlussphase, als Dortmund bereits komfortabel führte, wirkte die Abwehr zerbrechlich. Juventus nutzte das gnadenlos aus und kam mit viel Willen noch zum Ausgleich.
Die Ratings spiegelten dies wider: Offensivspieler erhielten ordentliche Noten, während die Verteidiger und Torhüter Gregor Kobel, der trotz mehrerer Glanzparaden vier Gegentore hinnehmen musste, weniger gut bewertet wurden. Für Kovač war klar: Ein Team, das international bestehen will, darf sich nicht in entscheidenden Momenten so aus der Ruhe bringen lassen.
Kovač’ Haltung – déjà-vu aus dem März
Schon im März hatte Kovač bei einem ähnlichen Spiel öffentlich kritisiert, dass seine Mannschaft zwar „Fußball von großer Schönheit“ spielen könne, aber noch zu wenig „Gier nach Siegen“ zeige. Dieses Muster wiederholte sich nun in Turin. Nach außen wirkte der Coach gefasst, doch seine Worte waren scharf: „Wir können mit unserer Qualität glänzen, aber wenn wir uns nicht auf das Wesentliche fokussieren, werden wir immer wieder Spiele wie heute erleben.“
Kovač betonte dabei, dass es ihm nicht um Schönspielerei gehe, sondern um Ergebnisse. Für ihn bedeutet Siegermentalität, in jeder Sekunde alles dafür zu tun, den Gegner niederzuringen – sei es durch taktische Cleverness, körperliche Robustheit oder mentale Stärke.
Die nächsten Schritte: Entwicklung der Siegermentalität
Wie aber will der Kroate seine Mannschaft auf das nächste Level heben? Zum einen soll die Trainingsarbeit stärker auf Spielsituationen ausgerichtet werden, in denen Dortmund bislang schwächelt: die Schlussphasen. Kovač will das Team darauf vorbereiten, Führungen cleverer zu verteidigen, Ruhe zu bewahren und den Gegner mit Ballbesitz zu kontrollieren, anstatt sich in offene Schlagabtausche verwickeln zu lassen.
Zum anderen setzt er auf mentale Arbeit. Gespräche mit Sportpsychologen und Teambuilding-Maßnahmen sollen die Spieler enger zusammenschweißen und ein Bewusstsein dafür schaffen, dass internationale Titel nicht durch Talent allein gewonnen werden. „Wir brauchen Spieler, die in entscheidenden Momenten Verantwortung übernehmen und den Unterschied machen“, so der Trainer.
Fazit
Das 4:4 gegen Juventus war zweifellos Werbung für den Fußball, ein Spektakel, das Fans weltweit begeisterte. Doch für Niko Kovač zählt mehr als nur Unterhaltung. Er will aus Borussia Dortmund eine Mannschaft formen, die sich mit absoluter Konsequenz Siege erkämpft – auch in chaotischen Spielen. Das Remis in Turin könnte somit ein Weckruf sein: Ein Hinweis darauf, dass nur mit echter Siegermentalität der Traum vom großen Champions-League-Erfolg Realität werden kann.